Deutschlandstuhl
„Deutschland-Stuhl“, dahinter steckt eine Idee. Und eine Geschichte, die ein Teil der Geschichte wurde.
Das Original (1989), dessen Rückenlehne die Umrisse aller 16 wiedervereinten Bundesländer zeigt, 1000 Miniatur-Ausgaben davon (2009), mit Sitzleder in Schwarz, Rot, oder Goldfarben, hiervon drei kinderstuhlgroße Unikate, werben in den Museen Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (HdG) in Bonn bzw. im HdG des Landes NRW in Düsseldorf, bei Privatpersonen und Prominenten in 150 Städten Deutschlands, in Finnland, Spanien, Österreich, Rumänien, in der Schweiz, in Kamerun, Italien und in den USA dafür, sich zusammen zu setzen, um die Probleme der Zeit zu lösen. Ein Erfolg zum Niedersetzen.
„Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört“
Dieser Spruch des früheren Bundeskanzlers Willy Brandt nach dem Fall der Berliner Mauer im Jahr 1989 hatte acht selbständige Handwerksmeister aus Haltern am See - Tischlermeister Josef Büning, Elektromeister Günther Gerdes, Zimmerermeister Georg Rohlf, Bauunternehmer Werner Mertmann, Landmaschinen-Mechanikermeister Heinrich Rips, Heizungs- und Lüftungsbaumeister Manfred Stevermuer und Metallbaumeister Klaus Tiemann unter Federführung von Raumausstattermeister Hans Nienhaus - inspiriert, 17 Stühle zu bauen. Je einen mit dem Umriss eines Bundeslandes, dazu einen Deutschlandstuhl, dessen Lehne alle wiedervereinten Bundesländer zeigt. Die Stühle wurden von den jeweiligen Ministerpräsidenten, der Deutschlandstuhl von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl signiert. Diese Stühle gingen nach einer bundesweiten Ausstellungsreihe in den Fundus des Museums „HdG“ in Bonn.
2009, zur Feier von 60 friedlichen Jahren Bundesrepublik Deutschland, gaben die Initiatoren in Zusammenarbeit mit der Bürgerstiftung „Halterner für Halterner“ 1000 Miniaturausgaben ihres Deutschland-Stuhls heraus. Höhe 196 mm, Breite 95 mm, Tiefe 115 mm, im Münsterland gefertigt, hochwertig in Material (Edelstahl) und Verarbeitung, die Sitzflächen von Hand mit Rindleder in Schwarz, Rot oder Goldfarben bespannt. Jedes Stühlchen sorgsam in ein Nesseltuch gehüllt, das die Deutschlandkarte mit allen Bundesländern und deren Hauptstädten sowie die Lage von Haltern am See zeigt und in einen Holzkasten gepackt, die in den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen in Maria Veen und Karthaus bei Dülmen gefertigt worden waren, wurden sie einzeln (je 99 Euro) oder als Set verkauft. Die 1000 Stühlchen waren schnell ausverkauft. Sie befinden sich im Besitz von Museen, Privatleuten und Prominenten – vom Bundespräsidenten bis zum Papst in Rom.
Diese Miniatur-Deutschlandstühle-Aktion bekam großen Zuspruch. Sie wurde im Haus der Bezirksregierung Münster, bei der „Landpartie“ im Schloss Lembeck, im Bundesrat in Berlin und an vielen anderen prominenten Orten ausgestellt. Vertreter der Bürgerstiftung und der WIR-Handwerker aus Haltern am See durften ihre Aktion unter anderem Bundespräsident Dr. Horst Köhler in seinem Berliner Amtssitz, NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft im Landtag, Papst Benedikt XVI. bei einer Audienz in Rom, WDR-Intendantin Monika Piel im Kölner Funkhaus vorstellen. Überall gab es viel Lob für die Initiatoren.
Zum finanziellen Erfolg trug zudem bei: Die Firma Hupfer (Coesfeld) berechnete eine hohe Zahl an gefertigten Stühlchen nicht. Ein Lederfabrikant sowie zwei Automanufakturen aus der Umgebung schenkten das komplette Sitzleder (vier ganze Rindshäute!) Ein Tuchfabrikant berechnete 800 qm Nessel mitsamt Aufdruck nicht, etliche Verpackungskästen wurden gesponsert. Und dann gab es etwas, wovon wohl jeder Kaufmann träumt: Etliche Käufer zahlten freiwillig mehr als den Kaufpreis. Nicht zuletzt auch: Organisation, Marketing, Vertrieb, alles wurde von den Halternern ehrenamtlich geleistet, nicht einmal Kosten in Rechnung gestellt.
2010, zum Leitprojekt der „RUHR.2010 - Kulturhauptstadt Europas“, dem Still-Leben auf der A 40, ließen die Initiatoren schließlich drei kinderstuhlgroße Unikate der filigranen Miniatur-Stühlchen fertigen. Sie waren auf der 60 km langen Tafel der A40 absolute „Hingucker“, wurden am Aktionstag wohl 15000mal fotografiert. Diese kinderstuhlgroßen Unikate, drei Miniatur-Stühlchen, eine von Bundespräsident Dr. Horst Köhler signierte Verpackungsbox sowie ein Begleitbuch gingen im November 2021 in den Sammelbestand des Museums „Haus der Geschichte des Landes NRW“ in Düsseldorf. „Wir freuen uns sehr, dass sie in Erinnerung an diese Aktion und unser bürgerschaftliches Engagement einen würdigen Platz im Haus der Geschichte Nordrhein-Westfalens in Düsseldorf finden“, sagte Dr. Reinhild Tuschewitzki als Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung Halterner für Halterner bei der Übergabe im Haus des Ideengebers und „Motors“, Hans Nienhaus. Dr. Jürgen Peter Schmied, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Haus der Geschichte Nordrhein-Westfalen, dankte für das Überlassen der Exponate. Er sagte: „Die Stühle zeigen, dass die Handwerksmeister die historische Bedeutung der Maueröffnung am 9. November 1989 unmittelbar erfasst haben. Diese Erkenntnis und auch die Begeisterung über die Wiedervereinigung waren damals nicht selbstverständlich“. Auch was aus dieser ersten Aktion weiter entstand, habe einen Platz im Haus der Geschichte wahrlich verdient.
Hier das Deutschlandstuhl-Fotobuch zum Durchblättern
Bildzeile: Übergabe an die Stiftung „Haus der Geschichte Nordrhein-Westfalen“ (v.l.): Beate Mertmann, Gründungsvorsitzende der Bürgerstiftung, Hans Nienhaus, Hauptinitiator der Deutschlandstühle-Aktionen, Dr. Jürgen Schmied vom Haus der Geschichte Nordrhein-Westfalen, Stiftungsrechtsexperte Dr. Bernd Andrick, Dr. Reinhild Tuschewitzki, Vorsitzende der Bürgerstiftung
Übergabe an die Stiftung „Haus der Geschichte Nordrhein-Westfalen“ (v.l.): Beate Mertmann, Gründungsvorsitzende der Bürgerstiftung, Hans Nienhaus, Hauptinitiator der Deutschlandstühle-Aktionen, Dr. Jürgen Schmied vom Haus der Geschichte Nordrhein-Westfalen, Stiftungsrechtsexperte Dr. Bernd Andrick, Dr. Reinhild Tuschewitzki, Vorsitzende der Bürgerstiftung